Recht und Wissenschaft in Österreich

VwGH: Schriftliche Anträge auf internationalen Schutz sind – mit Ausnahme solcher nach § 17 Abs. 3 AsylG 2005 – nicht weiter zu behandeln

 


Mit Erkenntnis vom 29. März 2023, Ra 2022/01/0297, stellte der VwGH klar, dass schriftliche Anträge auf internationalen Schutz – abgesehen von der Ausnahme des § 17 Abs. 3 AsylG 2005 für in Österreich nachgeborene Kinder – explizit nicht zugelassen sind, sondern gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als gegenstandslos abzulegen sind. Daher können sie prinzipiell keine Rechtswirkungen erzeugen und sind nicht weiter zu behandeln.

Nachdem sein – im Jahr 2015 gestellter – erster Antrag auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des BVwG 2020 abgewiesen worden war, stellte der Mitbeteiligte per E-Mail einen „Antrag auf internationalen Schutz und die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten“. Das BFA wies dieses Anbringen mit Bescheid „gemäß § 17 Absatz 1 Asylgesetz“ zurück.

Das BVwG hob den Bescheid des BFA im Beschwerdeverfahren mit der Begründung auf, das BFA hätte das Anbringen gem. § 6 AVG iVm § 17 Abs. 5 AsylG 2005 behandeln müssen, dieses sohin an die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde oder das nächste Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes weiterleiten müssen. Anträge auf internationalen Schutz könnten auf welche Weise auch immer, vor jedweder Behörde – somit auch schriftlich bzw. per E-Mail – artikuliert werden. Eine Zurückweisung dieses Anbringens wäre erst in Frage gekommen, falls der Mitbeteiligte auf die Zuständigkeit des BFA beharrt hätte. In Folge dieser Aufhebung müsse das BFA das Anbringen des Mitbeteiligten behandeln und die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde von der Antragstellung in Kenntnis setzen.

Die dem Revisionsverfahren zugrundeliegende Amtsrevision war der Ansicht, es fehle Rechtsprechung, ob das BFA trotz schriftlicher Antragstellung im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 eine Sicherheitsbehörde bzw. ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 17 Abs. 5 AsylG 2005 zu befassen habe.

Der VwGH stellte nun klar, dass das AsylG 2005 vom AVG abweichende Bestimmungen für die Behandlung von Anbringen normiere, was § 13 Abs. 1 AVG explizit zulasse. Wenn also § 25 Abs. 1 Z 2 iVm § 17 Abs. 3 AsylG 2005 bestimme, dass ein – nicht nach § 17 Abs. 3 zulässiger – schriftlicher Antrag auf internationalen Schutz als gegenstandslos abzulegen sei, werde damit eine besondere Regelung hinsichtlich der Übermittlungsart eines bestimmten Anbringenstypus normiert, welche Priorität gegenüber den Regelungen des § 13 AVG genieße. Dabei werde – abgesehen von den in § 17 Abs. 3 sowie Abs. 8 normierten Sonderkonstellationen – lediglich die Möglichkeit der persönlichen mündlichen Antragstellung offengelassen. Aus der Regelung, wonach schriftliche Anträge als gegenstandslos abzulegen sind, ergebe sich die rechtliche Unwirksamkeit derartiger Anbringen, sie seien nicht weiter zu behandeln.

Bearbeitet von: Mag. Constantin Vonier


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