Immer wieder hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entschieden, dass syrische Asylwerber, die den Wehrdienst verweigerten, in ihrer Heimatregion keiner Gefahr ausgesetzt seien, vom syrischen Staat rekrutiert zu werden, weil dieser dort keine Kontrolle ausüben könne. Wie der Asylwerber in diesen sicheren Landesteil kommen könne, ohne bereits zuvor von syrischen Sicherheitskräften aufgegriffen zu werden, sei – so das BVwG unter Berufung auf frühere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – nicht von Bedeutung.
Diese rechtliche Schlussfolgerung hat der Verwaltungsgerichtshof nun korrigiert. Einem Fremden ist nämlich dann Asyl zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Die Prüfung der Verfolgungsgefahr hat sich auf den gesamten Herkunftsstaat zu beziehen und kann nicht nur hinsichtlich der Herkunftsregion stattfinden. Insofern ist auch ein Fluchtvorbringen, wonach einem Asylwerber schon auf dem Weg in eine sichere Herkunftsregion Verfolgung durch die syrischen Behörden drohen würde, beachtlich und kann zu Asyl führen.
Der Verwaltungsgerichtshof betonte in dieser Entscheidung aber auch, dass die Wehrdienstverweigerung nur dann Asyl rechtfertigt, wenn es neben einer drohenden Verfolgungshandlung gegen den Asylweber auch eine Verknüpfung zu einem der Verfolgungsgründe der GFK (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung) bzw. Statusrichtlinie gibt. Die Verweigerung des Militärdienstes kann nämlich auch aus Gründen erfolgen, die in der GFK bzw. Statusrichtlinie keine Deckung finden, wie etwa der bloßen Furcht, sich den Gefahren auszusetzen, die die Ableistung des Militärdienstes im Kontext eines bewaffneten Konflikts mit sich bringt. Die Plausibilität der Verknüpfung zwischen der Verfolgungshandlung und den Verfolgungsgründen ist auch nach Auffassung des EuGH immer im Einzelfall zu prüfen und kann nicht automatisch angenommen werden.