Hintergrund
Im Juni 2021 hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) zwei Erlässe auf, welche den Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber:innen deutlich eingeschränkt hatten. Einer dieser Erlässe, bekannt als „Bartenstein-Erlass“ von Mai 2004, hatte die Branchen für die Ausstellung von Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber:innen auf Saisonarbeit und Erntehilfe beschränkt (insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei sowie Beherbergung und Gastronomie). Der andere Erlass, bekannt als „Hartinger-Klein Erlass“ von September 2018, hatte unter anderem den Zugang zur Lehre für Asylwerber:innen aufgehoben. Am 23. Juni 2021 entschied der VfGH, dass diese Erlässe als Verordnungen kundgemacht hätten werden müssen und hob daher beide Erlässe als gesetzwidrig auf. Daraufhin wies der damalige Bundesminister für Arbeit (BMA) das Arbeitsmarktservice (AMS) am 14. Juli 2021 an, bei allen Anträgen auf Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber:innen weiterhin eine Arbeitsmarktprüfung durchzuführen.
Beschäftigungsbewilligung und Arbeitsmarktprüfung
Asylwerber:innen benötigen für die Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit eine Beschäftigungsbewilligung, die nur von Arbeitgeber:innenseite beantragt werden kann. Dafür ist bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS ein Antrag auf Beschäftigungsbewilligung für eine/n bestimmte/n Asylwerber:in zu stellen. Generell darf eine Beschäftigungsbewilligung erst drei Monate nach Zulassung zum Asylverfahren ausgestellt werden.
Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ist von einigen Voraussetzungen abhängig, die sowohl Arbeitgeber:in als auch Asylwerber:in betreffen. Seit Juni 2021 ist die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht länger auf bestimmte Branchen beschränkt. Doch es gibt die gesetzliche Vorgabe, vorrangig inländische und bereits am Arbeitsmarkt integrierte ausländische Arbeitskräfte in Beschäftigung zu bringen. Dazu wird eine Arbeitsmarktprüfung durchgeführt. Bei dieser wird geprüft, ob aus dem vorhandenen Potenzial der arbeitslos Vorgemerkten geeignete Ersatzarbeitskräfte für die entsprechende Stelle vermittelt werden können (sprich Österreicher:innen, EU- und EWR-Bürger:innen oder integrierte Drittstaatsangehörige). Das Vorgehen ist dabei in allen Branchen einheitlich und gilt auch für Lehrausbildungen.
Auswirkungen auf den Arbeitsmarktzugang
Das BMA ist der Ansicht, dass sich die Zulassung von Asylwerber:innen zum Arbeitsmarkt durch die vorgeschaltete Arbeitsmarktprüfung weiterhin stark in Grenzen halten wird. Bei Branchen mit schlechter Arbeitsmarktlage oder bei Tätigkeiten, die keine bestimmte Qualifikation erfordern, ist die Wahrscheinlichkeit der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sehr gering. Hintergrund ist, dass mehr Personen mit niedriger Qualifikation am Arbeitsmarkt verfügbar sind, die als Ersatzarbeitskräfte gegenüber AsylwerberInnen Vorrang haben. Doch was lässt sich aus den Daten des AMS zu Beschäftigungsbewilligungen in der Praxis ableiten?
Insgesamt wurden im Zeitraum von 2017 bis 2022 12.158 Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber:innen beantragt. Ein nicht unerheblicher Teil der Anträge wurde wieder zurückgezogen, noch bevor es zu einer Entscheidung gekommen ist. Wie in der untenstehenden Abbildung dargestellt, erging in 7.249 Fällen eine positive Entscheidung, was einer Bewilligungsrate von 73 Prozent entspricht. Seit Aufhebung des „Bartenstein-Erlasses“ im Juni 2021 ist die Anzahl der entschiedenen Anträge auf Beschäftigungsbewilligungen gestiegen. Dass es nicht zu einem noch größeren Anstieg der Anträge gekommen ist, lässt sich unter anderem mit dem Arbeitskräftepotential von Ukrainer:innen sowie Hürden und Limitierungen in der Praxis (siehe unten) erklären.
Interessant ist auch, dass seit der Aufhebung der Einschränkungen im Juni 2021 der Anteil der Beschäftigungsbewilligungen in der „Land- und Forstwirtschaft, Fischerei“ auf nur mehr vier Prozent im Jahr 2022 zurückgegangen ist (2017–2021: durchschnittlich 23 Prozent). In der Branche „Beherbergung und Gastronomie“ gab es hingegen einen Zuwachs auf 59 Prozent aller im Jahr 2022 erteilten Beschäftigungsbewilligungen (2017–2021: durchschnittlich 45 Prozent), was mitunter auch mit dem ausgeprägten Arbeitskräftemangel zusammenhängt. Gleichzeitig gab es im Jahr 2022 auch einen deutlichen Anstieg an erteilten Beschäftigungsbewilligungen in anderen zahlenmäßig relevanten Branchen, wie der Erbringung von sonstigen (wirtschaftlichen) Dienstleistungen, dem Handel, der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen sowie der Herstellung von Waren (Details siehe EMN Österreich Studie).
Abbildung: Anzahl der Erteilungen, Ablehnungen und Zurückziehungen von Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber:innen sowie Bewilligungsrate (2017–2022)