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BVwG: Aussetzung des Verfahrens bezüglich Erlassung einer Rückkehrentscheidung bis zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-663/21


Dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen Afghanistans, wurde im Zuge seines zweiten Antrages auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 21.11.2016 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine bis zum 21.11.2017 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Diese wurde in weiterer Folge bis 21.11.2021 verlängert.

Mit Urteil vom 05.06.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften gem. §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 und 2a SMG sowie wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel gem. § 28 Abs. 1 und 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

Mit Bescheid des BFA vom 16.03.2021 wurde dem Beschwerdeführer der ihm mit Bescheid vom 21.11.2016 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt, ihm die mit Bescheid vom 05.11.2019 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 18.02.2022, W165 1422612-3/5E, mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Aberkennung auf § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG gestützt werde.

Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung wurde das Verfahren gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-663/21 über die mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.10.2021, Ra 2021/20/0246, unter Punkt 2. vorgelegte Frage ausgesetzt.

Zur Aussetzung wurde ausgeführt, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20.10.2021 dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorlegte:

„1. (…)

  1. Stehen die Bestimmungen der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, im Besonderen deren Art. 5, Art. 6, Art. 8 und Art. 9, einer nationalen Rechtslage entgegen, wonach gegen einen Drittstaatsangehörigen, dem sein bisheriges Aufenthaltsrecht als Flüchtling durch Aberkennung des Status des Asylberechtigten entzogen wird, selbst dann eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist, wenn bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung feststeht, dass eine Abschiebung wegen des Verbotes des Refoulement auf unbestimmte Dauer nicht zulässig ist und dies auch in einer der Rechtskraft fähigen Weise festgestellt wird?“

Das BVwG führte an, dass es sich zwar im vorliegenden Fall, anders als in dem dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.10.2021, Ra 2021/20/0246, zugrundeliegenden Verfahren, nicht um eine Aberkennung des Status des Asylberechtigten, sondern um eine Entscheidung über eine Beschwerde gegen einen Bescheid betreffend die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten handle. Die Beschwerde sei allerdings – wie oben im Erkenntnis ausgeführt – hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen gewesen, da der Beschwerdeführer einen Aberkennungsgrund nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 verwirklicht habe. Somit sei vorliegend aufgrund der derzeitigen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan ebenfalls gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig sei, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Da die Rechtsfolgen jenen im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.10.2021 entsprechen würden, komme auch im Falle einer (hier) Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen der Setzung eines Aberkennungsgrundes infolge Straffälligkeit der Beantwortung der Frage, ob die in § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorgesehene Verbindung einer Feststellung der Unzulässigkeit einer Abschiebung mit einer Rückkehrentscheidung mit der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) vereinbar ist, maßgebliche Bedeutung zu.

Zusammengefasst von: Mag.a Annika Verena Zopf


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